Wie im vergangenen Monat war einer der hot spots im Juli das Zeckenloch. Weniger in Sachen Neutouren, die gab es zwar auch, eher in Hinsicht auf großangelegte Abrissarbeiten und der Erkenntnis, dass der ein oder andere sich die Felsqualität seiner Neutouren vorher genauer anschauen sollten und nicht aufs Geratewohl darauf los bohrt, die Tour klettert und finito de la musica. Somit war der Remember Nideggen nur eine geringe Lebensdauer gegönnt, die gesamte Kante im unteren Teil der Route war offensichtlich eine hohle Nuss und trat mühelos den Weg zum Wandfuß an, der Pfeiler darüber, samt dem zweiten Haken, benötigte etwas mehr Einsatz, folgte dann aber ebenfalls scheppernd dem Ruf der Schwerkraft.
Die Tour ist noch kletterbar, spürbar leichter im momentanen Zustand, mit der Crux am verbliebenen ersten Haken. Im oberen Teil bleibt es weiterhin knackig kecksig, da die Tour schön durch schlackedurchsetzten Basalt geführt wurde. In dem Zeug kann man bis zum Mittelpunkt der Erde buddeln und der Fels bleibt taub. Zumindest sitzen solide Haken, da macht es nichts, wenn sich unter den Händen des Vorsteigers eine der knirschende Schuppen verabschiedet.
Diese sucht Ihr zum Glück in der Kant touch this VII+ vergeblich, die ebenfalls auf das Konto von Julian geht und den Pfeiler rechts der B.O.M. hochgeht. Die Bewertung versteht sich, wenn Ihr beide Kanten des Pfeilers verwendet – was jeder ohne Gebrauchsanleitung so machen würde. Julian hat sich bei der Erstbegehung die rechte Kante weg definiert, dann kommt eine windige Kantenklatsche für VIII+/IX- heraus, wer sich beide Kanten weg definiert……you do the math.
Der nach den Abrissarbeiten im Ausstieg etwas sportlicheren Stipfel Gürmer habe ich mit der Mossback VII+ einen passenden sportlich abgesicherten Direkteinstieg verpasst. Mit ein paar zackigen Längenzügen in einer mit Haarrissen durchzogenen Wand wird die Verschneidung der Stipfel Gürmer erreicht, für die Absicherung muss selbst gesorgt werden, was nicht ganz trivial ist und die beiden geschlagenen Löcher aus der Gründerzeit der Erschließung des Sektors sind natürlich OFF.
Auch die balls of ball nuts VII von Martin Volk spielt sich auf der absicherungstechnisch interessanten Kurzstrecke ab. Im Sektor Norge, etwa 10 Meter links der Hellboy, findet Ihr diese kurze Rissspur, die, sobald Eure Füße vom Boden abheben, auf ihre ganzen sieben Meter gutes bodyenglisch abfordert, um mit den boulderlastigen Zügen entlang der Rissspur klar zu kommen.
Die Toptour des Monats kommt von Andreas, der im Sektor Mordor rechts der EAER 3 mit der EAER 96 VIII eine Riss- und Wandkletterei abgeliefert hat, die den kompletten Bergsteiger fordert. In der ersten Hälfte der Route wird anspruchsvolle Verschneidungskletterei bis unter die Glocke geboten, dann folgt anhaltend pumpige Wandkletterei bis zum Umlenker. Bis zum Ende der Verschneidung muss für die Absicherung selbst gesorgt werden, das ist teilweise recht tricky. Im oberen Teil können der 6. bis 8. Haken des benachbarten Projekts benutzt werden, alle drei lassen sich schwer clippen, da sie völlig aus der Richtung sind und ein Doppelseil sollte unbedingt mit am Start sein. Mit einem Einfachstrick baut Ihr Euch einen Seilzug, der Euch spätestens bei der Ausdauercrux vom 2. zum 3. Haken aus der Wand ziehen wird. Full on value-Tour!
Nach gut 20 Jahren beschaulicher Ruhe sieht das Strukturdefizit einen wahrlichen Ansturm, nach den Begehungen dieser old school Wandkletterei durch Simon und Alex im vergangenen Monat glückte Magdalena Koch nun der Durchstieg, der als die längst überfällige erste Damenbegehung dieser technisch anspruchsvollen Wandkletterei in die Annalen des Gebiets eingeht. Congrats Magda.
Und wenn wir schon bei Begehungen sind, die noch an zwei Händen abgezählt werden können, dann ab an die Höllentorwand. Hier glückten Markus Köhler und Alex Preis die gem. meiner Strichliste 2. und 3. Begehung der Ethischen Säuberung, einer knackigen Wandkletterei links der Kellerozzel, die 2008 von mir erstbegangen wurde, nachdem sie von BEEEEP! eingerichtet und mit ein paar geschlagenen Löchern versehen wurde. Diese Steilvorlage ließ ich mir damals natürlich nicht nehmen, rückte den Löchern mit einer Tube Molto vom Baumarkt meines Vertrauens zu Leibe und versuchte mein Glück mit dem, was Mutter Natur an Griffen zu bieten hatte – das Ergebnis war zufriedenstellend, obwohl ein Haken in der Tour ohne die gechippten Löcher etwas blöd zu klinken ist.