Mit dem längst überfälligen stabilen Hochdruck Mitte des Monats, der mit frühherbstlich trockener Luft und den passenden Temperaturen nicht nur für gefühlt ein paar Stunden Bestand hat, was in den vergangenen Monaten der Normalfall war, kamen die top sending conditions für den Basalt und die Erschließer ließen sich nicht zweimal bitten. Zwar hagelte es in unserem an Megalinien inzwischen recht verarmten Gebiet zu 99% Neutouren auf der Kurzstrecke, doch darunter durchaus empfehlenswerte Produkte und das verbleibende eine Prozent, das hat es in sich – doch dazu später.
Im Sektor Norge, links der balls of ballnutz, brilliert mein Licht des Lebens VII+ mit knackiger Risskletterei auf läppischen sieben Metern. Am Einstieg und auf dem Weg zum Umlenker zieht die Route richtig an und auch absicherungstechnisch, das nicht nur im roped solo, wie bei der Erstbegehung, wird taktische Finesse abgefragt. Spoileralert! Die erste Sicherung möglichst weit oben legen, sonst verbaut Ihr Euch die marginalen Klemmer im unteren Teil.
Back in the saddle ist Marco Oster again, er meldet sich mit der neuen Kombi Softeis for the Gunman IX-/IX in der 1. Grotte zurück. Der Fahrplan für die Kombi ist wie folgt: Die Gunman bis zum zweiten Haken, dann wie Halfpipe zum Umlenker der Softeis, dabei wird die Crux der Gunman mitgenommen und die Ausdauerkletterei der Halfpipe kommt noch obendrauf.
In der Hölle hat Markus Köhler noch Platz für die Eifelträne VII gefunden, diese nimmt die Kante der Skyline auf rechts, fingert mal kurz in die Expandorama rein und nach der Crux am zweiten Haken geht es in den Ausstiegszug der Skyline. Eine nette onsight-Prüfung, aber hart an der Grenze zum erträglich reingequetschten.
Das ist bei Sebastian Memmels Hörbe mit dem großen Hut IX- in der Schattenwelt nicht der Fall. Vom zweiten Haken der Guaranteed Eternal Sanctuary Man, die Crux dieser Tour nehmt ihr damit schon mal mit, geht es luftig gerade hoch unter einen prallen Pfeiler. An dem Pfeiler gilt es dann die Backen aufzublasen, um die letzte Reibung aus den Kanten zu klatschen und zu hooken. Der Flashpump auf ein paar Metern ist garantiert.
Maximilian Meyer hat sogar noch an der Großen Wand ein paar freie Quadratmeter mit Rissspur gefunden. Vom Standplatz auf dem Band, dort wo die AV zur Umleitung startet, geht es rechts von dieser mit ein paar heiklen und tricky zu sichernden Zügen vom Band weg und dann immer fröhlich die Rissspur entlang eiernd zum Umlenker. Die Lizard Wizard VII+ macht ihrem Namen alle Ehre und es ist absolut zu empfehlen vom Band den Vorsteiger zu sichern, wird von unten gesichert, dann endet ein Ausrutscher aus den Einstiegszügen arschbombencontestwürdig unweigerlich auf dem Band.
Jetzt noch den – it`s classic! Links von Graf Zahl hat Tobias Frentzen vermeintliches Neuland entdeckt und sicherheitshalber ein Loch gebohrt, dann mal nachgefragt und siehe da, es handelt sich um den Weg durch den Po VI+, den Peter Holy 2016 mit ein paar wackeligen Keilen erstbegangen hat und am Top in den Wald ausgestiegen ist. Den Weg in die Routen DB hat das Teil nicht gefunden, weil er meiner Meinung nach ein besserer Boulder war, der sich mühelos ohne Seil klettern ließ. Nun eingebohrt dann doch in der DB gelandet. Aber nach wie vor gilt – ein Bolt macht aus einem Boulder noch lange keine Route. So kann es gehen. Bin mal gespannt in welchen Routen demnächst noch Haken auftauchen, weil so langsam der Stoff ausgeht und manch einer sich nicht vorstellen kann wo der ein oder andere alte Sack seine SCH….. zurück gehalten hat.
Apropos alte Säcke, es fehlt noch das verbleibende eine Prozent! Gut 20 Jahre – in Worten ZWANZIG – gimmelte Florians Ewigprojekt „Ahl Männer, Aalglatt“ im plattigen Schild rechts der IKlwa Ngadla vor sich hin, so richtig ernsthaft wurde es mW nie angegangen, diente aber als Mahnmal für den Agonie-Stupor-Case (AZ: Froschkönig_2002), der aber nicht mal ansatzweise ernstzunehmen war. Egal, das Projekt wurde letztendlich frei gegeben und nach ein paar Anläufen bekam die K.A.S.A. 2021 IX von Simon Fluck die offizielle erste Begehung, Alex Preis glückte kurz darauf der nächst Durchstieg. Es nimmt kein Wunder, dass diese grandiose Wandkletterei in der Folgezeit weitere Begehungen gesehen hat, darunter eine von Katharina Franke, der wohl ganz nebenbei auch als erste Frau das Feiste Grinsen glückte. Die K.A.S.A. 2021 ist definitiv eine der genialsten Routen in Sachen old school Wandkletterei im Gebiet und insbesondere ab dem 5. Haken, wo Ihr die Kante der Iklwa auf Teufel komm raus abziehen müsst, kommen Kletterpassagen der Marke Alleinstellungsmerkmal.
Nur ich habe jetzt ein echtes Problem – ad nauseam diente mir dieses Ewigprojekt über all die Jahre als running gag am Ende meiner Jahresnews. Der alte Cato hätte nicht dümmer dastehen können, wenn er noch erlebt hätte, dass Karthago 146 vor unserer Zeit schlussendlich eingeebnet wurde und seinem running gag nach jeder Rede vor dem Senat – CCCED – doch noch Folge geleistet wurde. Er wäre bestimmt begeistert gewesen und hätte einen weiteren geschichtsträchtigen Satz rausgehauen, der uns den Lateinunterricht versüßt hätte und daher bin ich sehr geneigt dazu die K.A.S.A. 2021 aufs Schild zu heben, mein ganz persönlicher heißer Favorit für den Goldenen Weckhammer 2021. Aber bis dahin ist noch etwas Zeit. Noch hoffen wir alle auf einen goldenen Herbst und es harren viele weitere Gammelprojekte in den Gruben, die über Jahre völlig eigensinnig sträflich vernachlässigt wurden und meiner Meinung nach von der nachrückenden hochmotivierten Generation weggehauen werden sollten, was durchaus bei der im selbstgefälligen Winterschlaf versunkenen alten Garde einen Weckruf auslösen könnte, damit diese endlich mit Ihren Hinterlassenschaften aufräumt.
Somit sind Facta, non verba VII+ indiziert, eine Linie, die für gut 15 Jahre links des Kamins im Kessel links liegen gelassen wurde, zweimal auf den Auslöser der Bosch gedrückt, durchgeputzt und fertig war eine gar nicht mal so schlechte Wand- und Kantenkletterei, die eine überraschend schöne Passage vom 2. Haken zum Umlenker in petto hat. Rechts von der boulderlastigen Einstiegswand kann alternativ über einen netten Riss eingestiegen werden, dafür gehört ein C0.75er an den Gurt –die Crux nehmt Ihr aber so oder so mit.
Auch in der Schäferlay wimmelt es von vor sich hin rottenden Projekten, die durch die Bank gute 6 bis 18 Jahre auf dem Buckel haben, darunter ist alles vertreten – Linien, bei denen jemand irgendwann einmal „Projekt“ gegen die Wand gehustet hat und sich unter Umständen herabgelassen hat einen Umlenker zu setzen, teilweise eingerichtete Linien oder welche, die pret a porter sind. Zur ersten Kategorie gehört das Projekt links der Lydia im Kasparek Theater und ich habe mir die Freiheit genommen dort Hand anzulegen. Herausgekommen ist die Opsimathés VII, die mit etwas skruter Riss- und Kantenkletterei eine horizontale Griffleiste erreicht, die dann nach rechts in die Verschneidung des Projekts führt. Die Route ist komplett clean und wer die ersten Verschneidungsmeter direkt klettern will, der sollte sein Spidermankostüm nicht zu Hause vergessen und sich irgendwo im oberen IX/unteren X. Grad pudelwohl fühlen. More to come