Bevor ich einen kurzen Rückblick auf das vergangenen Jahr in den Gruben werfe und dann zur bereits mit Spannung erwarteten Verleihung des Goldenen Weckhammers 2022 übergehe, müssen noch die letzten Neutouren und Begehungen von bereits bestehenden Routen, die aufhorchen lassen, präsentiert werden. In Sachen „Neutouren“ haben es noch zwei Varianten im Jahresendspurt in die DB geschafft. Beide bieten recht nette Kletterei auf ein paar eigenständigen Metern und sie sind ganz typisch für so gut wie alle neuen Wege in diesem Jahr, die fast alle zwischen bestehenden Routen die letzten freien Quadratzentimeter Fels ausnutzen und mit ein paar eigenständigen Passagen als „Neutour“ durchgehen können. Ausnahmen bestätigen die Regel – so am Räuberwändchen sowie am Kiefernadel-Ostwändchen mit Ihren Neuzugängen auf der Ultrakurzstrecke. Den Allerwertesten in Sachen Qualität haben uns in diesem Jahr jedoch Neutouren und Kombis gerettet, die bis auf ganz wenige Ausnahmen aus dem reichhaltigen Fundus der Kategorie „Ewigprojekte et al“ stammen.
Q.E.D. – mit den letzten Neutouren des Jahres. Im Sektor Kraftklub fand ich eine direkte Ausstiegsvariante VII+ zum Meisterdieb. Vom 4. Haken geht es kerzengerade hoch zum Umlenker, Ihr spart Euch die Cruxtraverse des Originalweges, bekommt dafür jedoch reichweitenabhängige Wandkletterei mit luftiger Absicherung geboten.
Im Sektor Dachsbau räumte János Palik eine selbst abzusichernde Einstiegsvariante V zum Dachsbau frei. Vom Einstieg der Staublunge führt diese rechtshaltend über eine Platte auf einen Absatz, dem hier ansetzenden Riss folgt Ihr bis auf die Höhe des letzten Bohrhakens der Dachsbau, deren Ausstiegsriss geht es weiter zum Umlenker. Definitv eine lohnende und etwas leichtere Variante zum Originalweg.
Der letzte Neuzugang stammt von Alex Hrovath, der eine Variante zur Zebulon mit dem BV 8 geklettert hat. Die Detailinfos zur Linie stehen noch aus und werden subito nachgeliefert, sobald ich den Weg auf Herz und Nieren getestet habe.
Das war es mit den Neutouren 2022, fehlt noch der Chapeau für Antonia, die Mitte November die letzten brauchbaren Verhältnisse ausgenutzt hat und die erste Damenbegehung der Lea einfahren konnte.
Für Marco Oster waren die Verhältnisse am 12.12 in der Live an der nördlich ausgerichteten Höllentorwand eher tief eisig. Das hielt ihn aber nicht davon ab bei dezenter Eisauflage im Ausstieg die zweite Begehung der Live 10- zu machen, die Direktvariante zur Half Life, die 2009 von Daniel Jung erstbegangen wurde und damals mit satt 10+ bewertet wurde. Die spürbare Bewertungskorrektur ist ein klares Indiz für Marcos Topform und wohl auch der Tatsache gezollt, dass Schweiß an den Fingerkuppen bei gefühlten -10° Celsius einen topgrip bringt.
Abseits der Vertikalen waren für das Klettergebiet das langersehnte Erscheinen der 3. Auflage des Kletterführers im Mai sowie die Aufhebung des Kletter- und Betretungsverbot für den Bereich Vergessener Pfeiler im Juli von herausragender Bedeutung. Allen, die an diesen beiden für das Klettergebiet wichtigen und nachhaltig wirkenden Marksteinen beteiligt waren, möchte ich nochmals ausdrücklich danken.
Zu guter Letzt zum Goldenen Weckhammer 2022. Ganze 33 Neutouren hat das Jahr gebracht, darunter viel Kleinkram aber auch ein paar Wege die sehr gute Kletterei bieten, aber darunter kein einziger Weg, der in Sachen Qualität, Anspruch, Abwechslungsreichtum, Linienführung sowie Eigenständigkeit mit den ganz großen Linien im Gebiet mithalten kann. Hier beziehe ich mich ausschließlich auf Routen, die als wirklich „NEU“ durchgehen können und nicht auf die gut 13 Ewigprojekte mit bis zu 20 Jahren auf dem Buckel, die in diesem Jahr ebenfalls begangen worden sind. Denn nur unter diesen Ex-Altlasten finden sich in diesem Jahr Routen, die eines Weckhammers würdig sind. Jetzt bleiben mir nur zwei Möglichkeiten, entweder bleibe ich bei meiner stringenten Linie die Weckhämmer nur an wirklich „Neue“ Linien zu verleihen und 2022 geht als erstes Jahr ohne eine Weckhammerverleihung in die Annalen ein oder ich inkludiere künftig auch die über Jahre gereiften Altlasten in die Reihe der Kandidaten und die Weckhammerverleihung wird zum no brainer.
Ich denke, ich lasse es auf einen Versuch ankommen, setze subito einen meiner Vorsätze für 2023 um, mach mich mal locker und reihe auch die durchstiegenen Altlasten in die Weckhammerkandidaten ein. Und so geht der Goldene Weckhammer 2022 an Daniel Limbach der mit der Rasputi(N)za IX-/IX an der Dürener Wand eine für das Gebiet exemplarische Kantenklatsche erstbegangen hat, die vom ersten bis zum letzten Meter keine Wünsche offen lässt sowie ständig vollen Einsatz fordert und auf Augenhöhe mit den Altklassikern dieses Genres im Gebiet ist.
Jetzt bleibt mir noch Euch allen für das neue Jahr viel Freude in unseren Gruben zu wünschen, genießt die Auszeiten, die Ihr dort von den Weltenläufen nehmen könnt, bleibt immer auf der sicheren Seite und kommt gesund durch 2023.