Wohl denen, die über die Osterfeiertage in den sonnigen Süden gefahren sind, uns daheimgebliebenen bleibt nur die Hoffnung, das hier bald dauerhaft der milde Frühling einzieht und sich endlich die Gelegenheit ergibt die tollen neuen Routen dieser Osternews unter die Hufe zu nehmen. Ein kunterbuntes Osternest an Neutouren hat sich angesammelt und von Sascha wurde am letzten guten Tag vor der Schlechtwetterfront noch ein richtig dickes Ei dazugelegt, das ergibt genug Lesestoff für Schlechtwettertage und Planungsgrundlage für die kommenden Sonnentage. Euch allen ein frohes Osterfest.
Schon seit einigen Jahren kursierten Gerüchte, das irgendwo hinter Mordor eine weitere Grube sei, die kletterbaren Fels bietet, nur der Zugang sei etwas problematisch, denn das Grundstück oberhalb der Grube sei in Privatbesitz und würde von Hunden bewacht, die nicht gerade aus dem Streichelzoo kämen. So hörte ich zum ersten Mal von Stefan Horion etwas über das Potential hinter Mordor und in den letzten Jahren statteten noch einige weitere lokalen Erschließer der Grube einen Besuch ab – Hendrik, Robert, Swen kamen und sahen, doch noch legte keiner Hand an. Andere Projekte und die Schwierigkeit von oben an den Fels zu kommen hielten den Erschließerdrang in Grenzen.
Als ich Ende letzten Jahres die Grube wieder „entdeckte“ und die markanten und beeindruckenden Risslinien in der Westwand sah, da gab es kein Halten mehr. Zu toll sahen die Risslinien aus und das Problem mit dem Einrichten der Umlenker hatte sich in meinen Augen auch erledigt, denn es schien, dass problemlos von unten erstbegangen werden kann. Unabhängig von mir fanden im Januar Peter May und Peter Retterath die Grube und legten ebenfalls Hand an, später gesellten sich noch Marc, Swen und Robert dazu.
Inzwischen sind einige hochkarätige Routen entstanden, darunter einige mit knapp über 20 Meter Länge, die nicht den Vergleich mit den klassischen Linien in Mordor und im Hauptgebiet von Ettringen scheuen müssen. Höchste Zeit also die neuen Wege im Bereich Lonnenloch vorzustellen, der sich momentan in vier Sektoren unterteilt und in der nächsten Zeit sicherlich öfters in den news auftauchen wird.
Zunächst gilt es aber den Zugang zu beschreiben, etwas Wanderlust müsst Ihr für den Weg schon mitbringen, doch wie gesagt, es lohnt sich.
Vom Parkplatz des Gebietes Ettringen fahrt Ihr die L82 in Richtung Mayen, im neuen Kreisel dann links raus auf die K21 und nach etwa 100 Meter bietet sich links eine Parkmöglichkeit für maximal 4 PKW. Von hier per pedes immer auf dem breiten Feldweg zunächst parallel zur K21, dann unterhalb der L82 (wer zu Fuß vom Hauptgebiet kommt, geht die L82 in Richtung Mayen, springt etwa 100 Meter vor dem Kreisel links über die Leitplanke und erreicht so den Feldweg am Fuß der Böschung) und danach zwischen den Feldern bis zu einem gut sichtbaren Hochstand . Hier biegt der Feldweg links ab und nach etwa 100 Metern geht es links auf einem breiten Pfad in das Lonennloch hinein. Nach weiteren 100 Metern leicht rechtshaltend zu einer Freifläche. Hier steht Ihr vor dem linken Ende des Sektors Affenfels, links um die Kante herum und die steile Blockhalde hinab schließt sich der Sektor Nobodaddy an. Zum Sektor Dreikönigswand biegt Ihr vom guten Pfad nicht zu der Freifläche ab, sondern verfolgt den Weg weiter bis ganz hinab in die Grube und steuert die gut sichtbare knapp 25 Meter hohe Wand an, die direkt vor Eurer Nase liegt. Zum Sektor R4 gelangt Ihr, indem Ihr von der zuvor beschriebenen Freifläche unterhalb des Sektors Affenfels nach rechts geht und um den Felsgrat herum geht, der den Sektor rechts begrenzt. Hier steht ein antiker R4 im Gebüsch und am Wändchen oberhalb der Schrottmöhre findet Ihr 3 kurze aber sehr lohnende Routen. Hier werde ich mit den Routenbeschreibungen beginnen.
Von Swen stammt Magrathea VII+, die durch eine glatte Verschneidung und über ein markantes Dächlein mit 3 Haken bestens abgesichert nach 10 Meter den Umlenker der Via Benedetto auf der Plattform am Fuß des Kranfundamentes erreicht. Insbesondere die Passage durchs Dach bietet tolle Züge an immer guten Leisten, die genau dort anzutreffen sind, wo man sie benötigt.
Am gleichen Umlenker endet Roberts BHR240 VII-, die nach einem boulderartigen Einstieg und kniffligen Aufrichter am ersten Haken deutlich entspannter durch gestuftes Gelände die zehn Meter Marke erreicht.
Für beide Routen wird demnächst ein eigener Umlenker unterhalb der Plattform gesetzt, so ergibt sich ein besserer Seilverlauf.
Etwas kniffliger, aber von der Art ähnlich kommt Weltfrauentag VII daher. Diese Route von Robert beginnt ebenfalls mit kleingriffiger Wandkletterei, darüber geht es dann ebenfalls gestuft zum Umlenker der Via Benedetto.
Diese kleine Südostwand bietet schon in den frühen Morgenstunden sonnenverwöhnten Kletterspaß an bestem Fels.
Die Via Benedetto IV- verfolgt den auffälligen Grat, der den Sektor Affenfels rechts begrenzt. Der Einstieg befindet sich ganz unten am Fuß der Kante, von hier geht es immer an der Kante entlang in bester Genusskletterei bis zum Umlenker auf einem geräumigen Podest unterhalb des Kranfundamentes. Diese einzigartige Genussroute geht auf das Konto von Peter May, der auch dafür gesorgt hat, dass dieser Weg bestens abgesichert ist.
Ebenfalls bestens abgesichert, aber deutlich kniffliger ist Peter Mays Pepe VII-, die in Wandmitte der Südwand des Sektors zunächst plattig, dann durch abdrängende Verschneidungen zieht. Nachdem an der crux zwischen dem 2. und 3. Haken ein Block rausgekommen ist, an dem man sich zünftig hochgezogen hat, kommt die ursprünglich mit VI+ bewertete Schlüsselpassage nun etwas heftiger daher.
Richtig anziehen dürft Ihr auch in Peter Retteraths Le Florett VI- links der Pepe, die vom letzten Haken zum Umklenker aufsteilt und einen ordentlichen Längenzug fordert, um an den rettenden Ausstiegshenkel zu kommen.
Beide Routen sind etwa 15 Meter lang, bestens abgesichert und bieten aufgrund ihrer Ausrichtung puren Kletterspaß in der Sonne.
Am linken Rand des Sektors hat Marc eine Risslinie geklettert, die unterhalb eines Pfeilers einsteigt (der im Profil erkennbar einem Affengesicht ähnelt, daher der Name für den Sektor), dann dem linken Rissast zu einem Haken folgt und von dort durch nicht immer festen Fels zur Umlenkkette eines Projektes von Peter führt. Marcs Zukunftsmusik VI bietet schöne Risskletterei, die sich mit ein paar mittleren Cams bestens absichern lässt.
Um die Kante herum folgt der Sektor Nobodaddy, in meinen Augen das Tafelsilber der Grube. Der rechte Teil des Sektors ist eine knapp 20 Meter hohe rissdurchzogene Westwand mit allerbestem Fels und beeindruckenden Linien. Nach links nimmt die Wandhöhe sogar noch etwas zu, doch leider lässt dort die Felsqualität merklich nach, immer mehr Risse durchziehen die Wand, große Platten hängen in der Wand und darüber dräuen riesige Blöcke, die nur noch dort oben hängen, weil sie miteinander verkanten.
Aber im rechten Teil des Sektors findet Ihr ein paar Routen, die mit zu den Besten gehören, die im Gebiet in dieser Art zu finden sind.
So die Fleury Merogis VII-, die entlang einer bogenförmigen Verschneidung in prächtiger Kletterei zum Umlenker zieht. Klemmen, Piazen und ein anstrengender Zug über das Dächlein am Ende der Verschneidung werden geboten, die Route muss komplett selbst gesichert werden, aber das geht völlig unproblematisch und die Cams liegen bombig.
Dass machen die Cams auch in der beeindruckenden Risslinie die links der Fleury Merogis durch die Wand zieht. Eingestiegen wird von einem Podest mit zwei Bohrhaken (diese waren mein Stand für die technische Soloerstbeghung der Route, eine lässige C1), zunächst geht es in moderater Risskletterei bis zur Wandmitte, dann kommt es aber dick an ringlocks und Fingerklemmern geht es anstrengend bis zum Umlenker. Die Le Mitard VIII- (übrigens die erste Kletterroute im Bereich) ist ein MUSS für jeden Rissliebhaber, das kann auch Achim Dohle bestätigen, dem die zweite Begehung dieser Ausnahmelinie im lupenreinen on sight gelang.
Ein Stockwerk weiter tiefer gelangt Ihr zum Einstieg einer weiteren Knallerroute im Sektor. Haus Sechs Strich Eins VIII/VIII+ beginnt mit einer leichten Verschneidung, dann kommt in ihrer Art einzigartige Wandkletterei an einer feinen Rippe und nach einem heiklen Zug folgt die fantastische Ausstiegsverschneidung. Eine luftige und großzügige Linie, bei der einiges an Basaltkönnen abgefordert wird.
Kombiniert Ihr den Einstieg der Le Mitard mit der Ausstiegsverschneidung der Haus Sechs Strich Eins, dann fühlt es sich an, als wärt Ihr in einer eigenständigen Route unterwegs. Diese Kombination lässt sich bestens absichern, nur an der Stelle, wo Ihr aus der Le Mitard in die Haus Sechs Strich Eins quert wird es klettertechnisch und absicherungstechnisch etwas heikel. Monsieur le vivisecteur VII+ bietet neben feinster Risskletterei viel Luft unter dem Hintern und unbeschwerten Kletterspaß.
Die härter Gangart ist die Kombination des unteren Teils der Haus Sechs Strich Eins mit dem Abschlussriss der Le Mitard. L’Etre vindicatif VIII+ ist momentan im Sektor in ihrer Großzügigkeit schwer zu übertreffen, lässt sich bestens absichern und bietet viel Luft unterm Hintern.
Zwei weitere Projekte links der Haus Sechs Strich Eins werden dies jedoch versuchen.
Und wenn Ihr denkt, dass es dann schon gewesen war, dann schaut Euch mal Marcs Routen an dem glatten Pfeiler an, mit dem der Sektor rechts der Fleury Merogis abschließt.
Superklasse die Kantenlinie der Edge Bätsch IX-, die am Haken der Zukunftsmusik endet und grandiose Kantenkletterei bietet, bei der Ihr am ersten Haken mal ordentlich zupacken und die Füße hochbringen müsst.
Mit der Slab City IX hat er noch einen drauf gesetzt, vom dritten Haken der Edge Bätsch quert die route heikel in eine plattige Wand nach links und dann geht es gerade, mit Hilfe von weiten Zügen an kratzigen Leisten, zum Umlenker .
Diese beiden Routen runden das phantastische Routenangebot im Sektor Nobodaddy ab, dessen Besuch ich nur jeden ans Herz legen kann.
An den Sektor Nobodaddy schließt nach links die Süd- und Südostwand des Sektors Dreikönigsfels an. Im linken Teil des Sektors hat Peter Retterath eine über 20 Meter lange und bestens abgesicherte Genussroute geklettert, die Ihr ebenfalls unbedingt unter die Hufe nehmen solltet.
Orion V folgt nach einer Einstiegsplatte einem unterbrochenen Verschneidungssystem, bietet anhaltend interessante Kletterei und wer es etwas schwerer mag, der kann am 5. Haken nach rechts gehen und direkt über eine Kante und Platte den Umlenker ansteuern. Orion Direkt liegt dann im oberen 5. Grad.
Links der Orion haben die beiden Peters noch weitere Projekte in der Mache, die in der gleichen Genussliga liegen werden wie die Orion, gleiches gilt für Roberts Projekt im rechten Teil des Sektors. Mit Spannung darf also auf die nächsten news vom Lonnenloch gewartet werden.
Noch ein Hinweis für alle, die nun auch auf Neulandsuche ins Lonnenloch wollen. Zwar findet sich noch viel unbekletterter Fels im Bereich, hier und da auch noch eine natürliche Linie, doch meistens steht viel Buschwerk im Gemäuer und ebenfalls einiges an losem Zeug ist zu finden. In der kleinen Nordwand des Bereiches dürfen keine Routen oder Boulder eingerichtet werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Routen nur im Vorstieg erstbegangen werden können oder neue Umlenker über die bereits gesetzten Umlenker platziert werden können, sollte man bei der Projektauswahl mit Bedacht vorgehen. Auf keinen Fall darf über die Grundstücke oberhalb des Bereiches in die Grube abgeseilt werden.
Szenenwechsel zur Großen Wand und in die Kategorie der Resterschließungen. Vom Band oberhalb der Kleinod kann nun, neben Sebastians Alpin, eine weitere kurze Route geklettert werden, die auf mein Konto geht. SchmalzoPhren IX- bietet auf ihre wenigen Meter sehr boulderlastige Passagen an fiesen Seitleisten und schlechten pinches, bei nicht immer optimalen Trittmöglichkeiten. Es empfiehlt sich für diese Route vom Band zu sichern, ermöglicht wird dies durch einen neuen Standhaken.
Im Kühlschrank gelang Sascha Podeiko mit der notwendigen Spur Wut im Bauch, weil der fiese hook in der Cruxpassage ihm die Sohle vom rechten Schuh geschält hat, und mit dem wichtigen Quäntchen Glück der Durchstieg von Sich selbsterfüllende Prophezeiung, die er vor einiger Zeit eingerichtet hat, dann verletzungsbedingt freigegeben hat, aber keiner hat sich so richtig an der Linie zu schaffen gemacht, weil sie offensichtlich unnahbar aussieht und wieder fit, begann Sascha dann im letzten Jahr an der Route zu arbeiten, um die kernige Boulderpassage am Beginn des abdrängenden Pfeilers und die heikle Querung am Ende der Route zu entschlüsseln.
Am 18. März passte dann alles für den Durchstieg, besonders die perfekten kühlen Temperaturen und die oben genannten Ingredienzien spielten dabei eine ausschlaggebende Rolle. Die Route dürfte im X. Grad liegen und gehört damit zu den schwierigsten Linien im Gebiet, insbesondere die sauschwere Boulderpassage über dem ersten Haken führt zu diesem BV, dies im direkten Vergleich mit den Cruxpassagen der Rammstein und der Cavedog und in den Routen im unteren 10. Grad im Gebiet. Solange die Temperaturen noch frostig sind sollte jeder Zweitbegehungsaspirant sein Glück in der Route versuchen, denn sobald es wärmer wird, hält an den Kanten nix mehr. Also, Schwierigkeitsbarometer ausgepackt und rein in das Teil, mit dem Sascha übrigens sein Debut in Sachen Erstbegehungen im Gebiet abgeliefert hat – happig, happig.
Ebenfalls im Kühlschrank konnte ich eine weitere wunderschöne Route begehen, die Sascha Podeiko vor Jahren für Wiebke eingerichtet hat, von Ihr dann freigegeben wurde und nun gab mir Sascha grünes Licht. Die Route steigt links der Goldilox ein und führt durch eine perfekte Verschneidung, gefolgt von einer kurzen Risspassage zum Umlenker von Tod im Kühlschrank. Der Martin Arnswald Gedenkweg VII- erinnert an Martin Arnswald, der in den 80er Jahren im Hönnetal führend aktiv war, eine Chronik für dieses wichtige Klettergebiet in NRW verfasste, damit es nicht in Vergessenheit gerät, der maßgeblich an der Erschließung des Bochumer Bruchs beteiligt war, sich stark für das Klettern in NRW engagiert hat, der jedoch Anfang letzten Jahres von einer schweren Krankheit aus dem Leben gerissen wurde.