…haben sich in den vergangenen Monaten die üblichen Verdächtigen für die harte Gangart in den Gruben. So glückten Markus Köhler und Marco Oster im März back to back die zweite sowie dritte Begehung der Ayahuasca, Alex Horvaths mit dem Goldenen Weckhammer 2023 gekürtes Meisterstück in der Music Hall und beide bestätigen, dass die Route sackschwer ist und die Züge an dieser Kante ihresgleichen suchen.
So auf harte Kanten getrimmt gelang Markus im Juni die erste Begehung der Golden Eye IX+ im Westkessel. Zwischen Rosenkavalier und Brevis hatte Swen dort 2015 ein paar Haken gesetzt und über die Jahre blieb die Kante ein futuristisches Projekt. Enter Markus, der die Haken etwas umgesetzt hat und eine Lösung für das Problem gefunden hat. Nach einem harten Einstiegsboulder, der bei 6c einloggt, folgt anhaltend schwere Kantenkletterei bis zum Umlenker unterhalb des Bands. Ihr könnt auch auf das Band aussteigen und eine kurze Verschneidung zum Umlenker der Rosenkavalier klettern, das ist aber nur noch schmückendes Beiwerk, für das ihr ein paar hinderliche kleine Cams durch die harten Passagen spazieren tragen müsst. Der Routennamen kommt nicht von ungefähr, er ist eine Verneigung vor Swens goldenen Augen, die erkannt haben, dass die Kante kletterbar ist.
Bei solchen Steilvorlagen ließ sich natürlich Alex Horvath nicht lumpen und begradigte im Juli mit der Attitüde IX+/X- die 5. Kolonne im Kühlschrank, ein Projekt, dass Sascha Podeiko schon eine ganze Weile auf dem Zettel hatte und frei gegeben hat. Ab dem 3. Haken der 5. Kolonne geht es strack durch die tritt- und griffarme Verschneidung weiter, gefolgt von einer fiesen Platte zum Umlenker. In summa kommen in der Verschneidung 11 technisch diffizile Züge zusammen, die als Boulder locker mit 7a+ durchgehen und die Passage durch die Platte zum Umlenker ist auch nicht ohne.
Alex hat sich nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht und in der Folge im Juli der Eifelperle an der Höllentorwand sowie im September der Black Mamba im Sektor Norge seinen Stempel mit zwei schnellen Durchstiegen aufgedrückt. Respekt!
Noch mehr Respekt gebührt Antonia Günther, ihr glückte im September die 3. Begehung der Route Stählerne Realität im Sektor Eckstein, deren zweite Begehung durch Alex kein halbes Jahr zurückliegt. Bedenkt man die technisch sehr diffizile und durchaus reichweitenabhängige Cruxpassage, kann Ihr Leistung nicht hoch genug eingeschätzt werden. Stark!
Auch richtig stark war der belgische Spitzenkletterer Simon Lorenzi im Bierkeller unterwegs. Ihm glückte im zweiten Go der Durchstieg numero 7 von Cavedog, das wird ihm so schnell keiner nachmachen können.
Überschaubarer von der Schwierigkeit und für Normalsterbliche kletterbar ist David Lentzens Toretta franzi VII– im Sektor Kraftklub. Diese führt direkt über den abdrängenden Pfeiler zwischen Mutante und Bärchentechnik hinweg auf die Platte zum 3. Haken der Bärchentechnik und weiter zu deren Umlenker (oder wahlweise rechtshaltend zum Umlenker der Mutante für ein paar Extrameter). Knifflig ist die plattige Passage vom ersten zum zweiten Haken, dann kann bis zum Umlenker der Genussmodus eingeschaltet werden.
Ganz anderen Genuss bieten Andreas neue Routen in Mordor im linken Teil des Sektor Pumpgun. Zwei Großzügige Linien mit viel Mordorluft unter dem Hintern, abwechslungsreiche Kletterei an Rissen, Schuppen und mordortypische Wandkletterei sind angesagt sowie solide Absicherung mit Bolts und Cams, die hier und da eine gewisse Kaltschnäuzigkeit abverlangt.
Rechts der EAER 96 steht ihr direkt am Einstieg der EAER 98 VIII+, und habt die Crux der Route und den hohen ersten Haken direkt vor Augen. Bis zum ersten Bohrhaken werden die boulderlastigen Züge bei Euch für Pressatmung sorgen und ein Normalhaken bewahrt Euch davor, dass Ihr nicht unsanft auf den Boden kachelt, sollte der on-sight Versuch daneben gehen. Nach ein paar weiteren kräftigen Metern steht Ihr auf einem guten Absatz, der kommt wie gerufen, um den Puls wieder von 180 runter zu bekommen, es folgt geniale Wandkletterei bis unter einen Überhang, der nochmals luftig über dem Haken kräftiges Zupacken verlangt. Wer in dieser Passage noch Strom in den Akkus hat, kann zur Beruhigung der Nerven einen C0.3er in den Fingerriss feuern und wer schon im roten Bereich ist, setzt die Flucht nach vorne an und kann am Beginn der Ausstiegsverschneidung aufseufzen. Die letzten Meter in der Verschneidung zum Umlenker dann der pure Genuss. Wem die ersten Meter der Route zu derb sind, kann über die Einstiegverschneidung der Ganesha einsteigen, die EAER 98 wird dann am 4. Haken erreicht, so bleibt nur noch die Luftnummer am kleinen Überhang im oberen Wandteil und eine geniale Route im oberen 7. Grad.
Rechts der EAER 98 dann ein ganz anderes Kaliber mit der Ganesha VIII. Schon vor 20 Jahren hatte Dirk Drüten ein Auge auf diese grandiose Riss- und Verschneidungslinie geworfen, wie auch auf die dräuende Monsterschlotte rechts davon. Aber das lose Blockwerk in sowie die daumendicke Staubschicht auf der Wand haben ihn davon abgehalten dort so richtig Hand anzulegen. Aber benamt hatte er die Linien sicherheitshalber – Ganesha für die Risslinie, Golem für die Monsterschlotte. Andreas nahm sich dann der Sache an, in den darauffolgenden Jahren betätigte er sich immer wieder in diesem Wandteil, durchstieg vor einigen Jahren unter dem Radar die Ganesha, hing die Begehung aber nicht an die große Glocke – wegen den ganzen losen Blöcken allüberall in diesem Wandteil. Das hat sich nun erledigt, denn wie auch in der EAER 98 hat er in unzähligen Arbeitseinsätzen die losen Glocken verankert. Das sieht jetzt aus wie die Ortsbrustsicherung im Kalottenvortrieb beim Tunnelbau – jeder Bauüberwacher für die NÖT würde seine Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll setzen, oder das Teil klettern, denn die Route hat es in sich. Los geht es mit eleganter Kletterei in der Einstiegsverschneidung, die, wie oben beschrieben, auch als EV für die EAER 98 herhalten kann. Es folgt eine tolle Handrissfolge mitten durch das verankerter Geglöcks hindurch auf einen geräumigen Absatz unterhalb der Ausstiegsverschneidung. Hier ist jeder gut beraten eine ordentliche Verschnaufpause einzulegen, eine paar gute Cams in den unteren Teil der Verschneidung zu versenken, um sich dann mit voller Entschlossenheit der Crux der Linie widmen zu können, die zunächst anstrengende und leicht abdrängendende Verschneidungskletterei bietet, um dann im rechten Moment zu passablen Griffleisten an der linken Kante zu wechseln, die saftig durchgezogen werden müssen, während die Füße auf Vorwärtsgang an der Kante paddeln und so richtig Zeit bleibt nicht, um etwas ordentliches an Sicherungen unterzubringen. In dieser Passage gehen die Akkus spürbar auf Rot. Eine absolut weckhammerverdächtige Prachtlinie – unbedingt einstiegen, solange der herbstliche Regen sich noch zurückhält und bevor im Spätherbst in Mordor die Ruhe für den Uhu einkehrt.
Eine richtig gute Abwechslung für einen Regentag ist die gelungene Hommage an unser Klettergebiet, die mit viel Liebe zum Detail vom NKBV gedreht wurde. Unbedingt anschauen – am besten auf dem Großbildschirm.