Das Schöne an den neuen Routen vom März ist, dass Ihr, um in deren Genuss zu kommen, keine Weltreise durch die Sektoren antreten müsst, sondern alle ganz locker in einem gemütlichen Stündchen im Sektor Affenfels klettern könnt.
Denn hier haben Peter May, Peter Retterath und Jochen Bauer, alle von der Klettergruppe der DAV Sektion Koblenz, drei weitere Routen eingerichtet, die in den Folgemonaten mit Sicherheit eine ganze Menge Begehungen sehen werden, da sie bestens abgesichert sind, tolle Kletterei in solidem Fels bieten, früh in der Sonne liegen, somit schnell Abtrocknen und zusammen mit den Nachbarrouten momentan die dichteste Konzentration von lohnenswerten moderaten Routen im Gebiet repräsentieren. Ein kleiner Trost für den vermutlichen Totalverlust der Genussrouten an der Schwarzen Wand und am Dachsbau.
Aber jetzt zu den Routen. Von Peter Retterath stammt die Wildgans VI, die durch die Verschneidung zwischen Klarer Kopf und Antistaatique führt, zunächst geht es leicht durch gestuftes Gelände unter die auffällige Verschneidung, die sieht auf den ersten Blick ganz schön kernig aus, doch dann tauchen Griffe auf, die von unten nur zu erahnen sind und an denen geht es beschwingt zum Umlenker.
Ebenfalls herrliche Verschneidungskletterei wird in Peter Mays Atacama VI+ geboten, die durch die Verschneidungsfolge links der Pepe zieht. Zwei knifflige Stellen gilt es in der Tour zu meistern, die Absicherung ist vorbildlich, ergo wird plaisir pur geboten.
Wer plaisir pur in Jochen Bauers Schweizer Spreizer VII links der Atacama empfindet, der hat entweder hyperbewegliche Hüftgelenke, oder so lange Beine, dass selbst ein Topmodel erblassen würde. Denn zwischen dem zweiten und dritten Haken lauert eine knackige Spreizverschneidung, die den Direkten Amerikanischen Traum als Lockerungsübung erscheinen lässt und darüber heißt es auch noch mal die Übersicht bewahren. Für seine erste Neutour hat Jochen damit eine ganz ordentliche Ansage gemacht und mit Spannung erwarten wir Weiteres.
Darauf müssen wir bestimmt nicht lange warten, denn noch sind ein paar Linien in diesem Sektor noch nicht erschlossen, uns stehen somit noch einige weitere moderate Schmankerl ins Haus – wer hätte gedacht, dass diese Ecke so viel hergibt.
Im Sektor Nobodaddy habe ich mich endlich getraut die in meinen Augen letzte vertretbare Linie zu klettern, war schon die Felsqualität in der Trepanation durchaus fragwürdig, so ist sie in der Disaster Area C2 jenseits von Gut und Böse. Trotz ausgiebiger Ausräumarbeiten im mittleren Teil der Route verblieben auch dort noch einige lose Schuppen und im oberen Teil, kurz unterhalb des Dachriegels und die Blöcke im Dach selbst, ist Alles zum Fürchten.
Die Einstiegsverschneidung lässt sich ganz gut mit kleinen TCUs und offsets klettern, dann geht es mit angezogener Handbremse und knirschenden Cams durch ein paar lockere Schuppen und weiter an soliden Cams bis etwa zwei Meter unter den Dachriegel. Von hier könnt Ihr mit einem heiklen Seilzugquergang nach rechts um die Kante den Ausstiegsriss der Trepanation erreichen oder gerade weiter durch die Verschneidung und über das Dach zum Stand der Trepanation klettern. Aber Vorsicht, die Schuppe in der Verschneidung ist locker und diese stützt den großen Block im Dach und es hat ordentlich aus der Schuppe gerieselt, als ich in den Cams stand, die ich dort platziert habe und ich vermute, wenn man den sweet spot dieser Teile erwischt, dann kommt das ganze Gelersch sang und klanglos raus und die Folgen davon wären fatal, auch für den Sichernden, der genau dort steht wo Blöcke und Vorsteiger nach ein paar Sekunden einschlagen werden. Also besser das Teil im Alleingang machen, das ist auch von Vorteil, wenn Ihr die Querungsvariante wählt, denn dann habt Ihr keine Nöte mit dem Seilzug. Wer ganz chipper drauf ist, der kann sich die freie Begehung der Tour holen, die Querungsvariante ist eine reichlich mager gesicherte VIII+, die Variante übers Dach dürfte auch gehen, würde dann aber schwieriger werden und an Wahnsinn grenzen – jedoch vorher mit dem ganz großen Besen durch die Linie gehen.