Meine mittelfristige Wetterprognose der letzten News hielt langfristig durch und so kam es dann auch, dass es weitere Neutouren hagelte, noch bevor das fallende Herbstlaub den Boden berühren könnte. Jetzt ist aber finito, seit ein paar Tagen normalisiert sich das Wetter und wir steuern unaufhaltbar auf die übliche ausgedehnte nass-kalte Sauregurkenzeit zu, die uns für die nächsten Monate bei Laune halten wird. Wer bis jetzt nicht die Prunkstücke der Neuzugänge geklettert hat, der darf sich bis zur nächsten Trockenzeit anno 2019 gedulden, denn einige Neutouren entstanden an Wandbereichen, die nur dank der ewigen Trockenheit in diesem Jahr bekletterbar wurden und die nun wieder ihre grün-glibbrige Patina anlegen werden.
Glück im Unglück – die Topwege entstanden in Sektoren, die recht schnell wieder in Schuss kommen werden oder die gar an trockenen Wintertagen mit der nötigen Kälteresistenz besucht werden können. Ergo – directement in den Westkessel, wo Alex Preis mit der Casino Royal VIII+ nachgelegt hat. Knapp rechts vom Maikäfer wartet hier nach einem fürs Aufwärmen perfekt dosierten abdrängenden Einstieg technisch diffizile und boulderlastige Kantenkletterei auf Euch, bei der Ihr den Clip des dritten Hakens besser nicht vermasselt. Neben einer guten Reichweite ist in dieser Route ein alerter Sicherungspartner die Grundlage für entspanntes Steigen am heißen Ende des Seils.
Und wenn Ihr Spaß gehabt habt, dann hängt gleich die Human meat bomb VIII rechts der Hangover im gleichen Sektor dran und nehmt den Sicherungspartner Eures Vertrauens gleich mit. Auch hier beginnt das Vergnügen gemäßigt in einer schönen Rissverschneidung, die Kante im oberen Wandteil fordert jedoch entschiedenes Handeln und eine gute Portion Gelassenheit in Anbetracht eines Absatzes, der Euren Abgang aus der Cruxpassage unsanft bremsen könnte. Overall – tolle Kletterei mit etwas Gänsehautfeeling.
Letzteres kam auch in der Blindes Vertrauen V an der Bastille bei mir auf. Rechts der unbenamten aber gut beringten Verschneidung lockte mich ein unbegangener Riss, den Soloisten ausgepacken und einsteigen war das Gebot der Stunde. Der Riss lässt sich bestens mit ein paar Cams bis C4 absichern, an dessen Ende geht es dann über ein paar Blöcke aufs Band und nach links zum Umlenker. Da die Blöcke aber jämmerlich knirschten, als ich mich an diesen aufs Band zog, wurde aus der geplanten moderaten Soloaktion dann doch nichts.
Das klappte dann in der Unshackled V+, die links der Rübezahl mit einem kurzen Handriss beginnt und dann immer an der Kante entlang den Umlenker ansteuert. Bester Fels, gute Absicherung und ein spürbarer Schlüsselzug am Haken lassen in dieser Route puren Genuss und Kletterfreude aufkommen.
Gleiches gilt für die Pars pro toto VI+ in der Märchenwelt. Numerisch zwar schwieriger die Risskletterei dort, aber gut abzusichern und beste Felsqualität. Diese kurze Tour beginnt gleich rechts der Falada und endet am Umlenker eines Projekts, das durch den Doppelriss rechts der Ppt führt.
Leicht und kurz auch Wolfgang Kehrens Hintertreppe IV- auf der Rückseite des gleichen Massivs. Hier führt eine kurze glatte Verschneidung auf einen schuttbedeckten Block und von diesem eine weitere Verschneidung hinauf auf den Grat. Umgelenkt wird am gleichen Projekthaken, den die Ppt nutzt. Es ist auch möglich den Block links liegen zu lassen und nach der Einstiegsverschneidung einen Riss direkt zum Grat zu klettern. Ist zwar etwas kniffliger, aber auch ein unterhaltsames Kletterchen an diesem Mikromassiv.
Ebenfalls kurz und sehr unterhaltsam sind drei Routen, die Swen in der Hölle rechts der Nur für Behinderte geklettert hat. Dieser immer feuchte Wandteil hatte endlich einmal beste Bedingungen und die sind auch für die Ursus maximus VIII- absolut notwendig. Diese ins Auge stechende Kante wurde bereits von Hartwig Pudzich bis zu dem Henkel unter dem zweiten Haken gebouldert, Swen hat sie nun eingebohrt und damit ist auch die Passage von dem genannten Henkel möglich, ohne dass man per Arschbombe im Gebüsch landet. Aber schon die Passage zum Henkel hin will geklettert werden und die ist für den Grad nicht geschenkt kann ich Euch sagen.
Gleich rechts davon geht der Fliegende Teppich VI durch den Riss. Sieht ganz nett aus, wenn Ihr davorsteht, aber wenn Ihr dann im Riss versucht über den Klemmblock hinweg zu ziehen, dann fliegt Euch samt Teppich das Blech weg.
Die dritte im Bunde ist Bloke VII-, die rechts vom Fliegenden Teppich hübsche Kantenkletterei bietet und ab dem Klemmblock dem Teppich zum Umlenker folgt.
Auch in Rainer Maximinis Kranwand Direkt VII/VII+ hat Hartwig bereits bouldertechnisch Hand angelegt. Jetzt könnt Ihr aber diesen längenzügigen Einstiegsboulder mit der klassischen Kranwand verbinden, zwei Ringe und bei Bedarf ein Keil sichern den Weg in die Verschneidung des sektorenbenamenden Ultraklassikers und eine lotrechte Linienführung gibt’s obendrein dazu.
Zu guter Letzt an die Schäferwand, die sich bereits ihr feucht glitschiges Herbstgewand angezogen hat. Doch bevor hier die Saison zu Ende ging, hat Hendrik im rechten Wandteil noch ein paar prächtige Genusstouren erschlossen.
So die Sportmops VI+, die via Einstiegsverschneidung der Lang Yangpi beginnt, jedoch ab dem vierten Haken an herrlichen Schuppen rechts der Lang Yangpi einen eigenen Umlenker auf dem großen Absatz ansteuert. Crux bleibt die Einstiegsverschneidung der Lang Yangpi, an den Schuppen wird bestens abgesicherter moderater Klettergenuß geboten. Ebenfalls per Einstieg über die Lang Yangpi gelangt Ihr in die Heilung VII-. Am fünften Haken verlasst Ihr die Verschneidung der Lang Yangpi nach links in die Wand und folgt den Haken in famoser plattiger Wandkletterei bis zum Umlenker. Eine Klassetour mit dem Qualitätssiegel „Kardinal“.
Wer für die Lang Yangpi, die Sportmops oder die Heilung einen einfacheren Start benötig, der findet ihn in der Yetu zai huli maopi 5-, die durch das gestufte Gelände links des Originaleinstiegs die cruxige Einstiegsverschneidung der Lang Yangpi umgeht. Wenn ihr diese Einstiegsvariante für Lang Yangpi und Sportmops verwendet, dann werden aus diesen beiden Touren solide Genusstouren im Vten Grad, bei der Heilung bleibt es bei VII-.
Nach so viel Genuss darf es nun auch etwas derber sein, dachte ich mir, und stieg vom zweiten Haken der Yetu zai huli maopi direkt durch das auffällige Dach zum ersten Haken der Heilung durch. Die Notched Out IX- bietet am Dach und durch die Platte zum Haken der Heilung eine heftige Boulderpassage, die neben einer houdinimässigen Hüftbeweglichkeit eine gewisse Affinität zu messerscharfen Leisten erfordert. Ich glaube, dass diese Variante nicht viele Liebhaber finden wird. Aber schön herb ist sie allemal.
Wenn ich jetzt nicht völlig daneben liege, dann dürften dies die letzten neuen Wege für 2018 gewesen. Ergo darf sich so langsam das Preiskomitee für den Goldenen Weckhammer 2018 konstituieren, damit in der letzten News des Jahres, die Ende Dezember zu erwarten ist, dieser hochsubjektive und kletterweltbedeutende Preis an den Mann (resp. Frau) gebracht werden kann. Soviel kann ich bereits verraten, es gibt unter den Neuzugängen des Jahres bereits einige sehr heiße Kanditaten. Mit Spannung dürft Ihr noch weitere zwei Monate ausharren, ob dieses Jahr Eure Neutour in die Hall of Fame der Ettringer Gruben einziehen wird.