Es lässt sich nicht mehr umgehen, die Weihnachtsgeschenke sind längstens ausgepackt, die ersten Abnutzungsspuren an Ihnen sind bereits zu erkennen oder die, die nicht gepasst oder gefallen haben, wurden längst umgetauscht oder weiter verschenkt, an die Plauze von den Feiertagen hat man sich fast gewöhnt, der Weihnachtsbaum nadelt wie blöd, die Sektflaschen sind seit Stunden im Eisfach, die Böller- und Raketenbatterien stehen abschussbereit im Flur, die guten Vorsätze für 2010, die sich verdammt ähnlich anhören wie für 2009, werden im Geiste durchgegangen und es wird ein zaghafter Blick auf die Träume geworfen, die das Neue Jahr in die Realität umsetzen soll. Es heißt also Abschied nehmen von 2009 und bevor es ganz zu Ende geht soll noch ein Blick auf die letzten neuen Routen vom Dezember geworfen werden.
Meinen letzten Beitrag für die Datenbank für dieses Jahr findet Ihr im Kühlschrank an der Kante links von Armins Secreto Deseo. Zunächst dachte ich mir mit der Okopnaia Pravda IX kurzen Prozess machen zu können, doch die ersten kläglichen Versuche an der bizarren Boulderstelle zwischen ersten und zweiten Haken ließen mich glauben, dass ich noch Ewigkeiten für den Durchstieg benötigen werde. Glücklicherweise kam dann doch ein Tag mit günstigen Gravitationsverhältnissen und perfekter Reibung, an dem die schrägen Bewegungsabfolgen wie geschmiert liefen und ich nicht wie sonst bei dem letzten weiten Zug an der Kante wie ein nasser Sack abtropfte. Reichweite, Körperspannung, kühle Temperaturen für die nötige Reibung und eine geschmeidige Brustwirbelsäule sind das Ticket in der Okopnaia.
Perfekte Reibungsverhältnisse sind auch in Swens Amerikan slip show VIII- an der Großen Wand begrüßenswert. Diese Variante zieht nach der crux des Direktausstieges vom Amerikanischen Traum in gerader Linie weiter durch die strukturarme Verschneidung zum Stand vom Seitenausstieg des Amerikanischen Traums. In der Verschneidung dürft Ihr alle Reibungstechnischen und basaltspezifischen Tricks zum Einsatz bringen, die Variante sieht auf den ersten Blick etwa reingequetscht aus, aber sobald Ihr mal drin steht löst sich dieser Eindruck in klettertechnisches Wohlgefallen auf.
Wohlig geht es auch in Steffen Collatz Der Antrag VI im Sektor Daumen zu. Dieser massive off width befindet sich im rechten Teil der Wand, die nördlich des Daumens steht und wo in der nächsten Zeit noch einige Neutouren zu erwarten sind. In Stefans Tour könnt Ihr nach Herzenslust hinaufschrubben und Eure großen Cams versenken, damit ist ihm ein würdiger Einstand als Neutourenerschließer im Gebiet geglückt.
Das waren also die letzten Routen für 2009, 51 waren insgesamt und so wenige gab es in den letzten 5 Jahren nicht. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir in den vergangenen Jahren das Gebiet bis fast zum limit abgegrast haben. Das zeigt sich auch an der Qualität der Routen von diesem Jahr, denn viele können in Hinsicht ihrer Länge und ihres Variantencharakters durchaus unter der Rubrik Resterschließung abgebucht werden. Nur wenige Linien, wie zum Beispiel Andreas Perlender Abgang, Marcs Kathy Kohner oder meine Letzte Rune sind darunter, die mit den ganz starken wegen des Gebietes mithalten können.
Aber es ist nicht so, dass die kurzen Routen von diesem Jahr als unnötige Routen verbucht werden sollten, viele tolle moderate Wege sind darunter, insbesondere am Affenfels, die Routen am Koboldswändchen und auch einige interessante boulderlastige Bretter wie z.B. Deumann, Jeder nur ein Kreuz, Der Autophage, Die andere Braut uvm. lohnen eine Begehung.
Die Kracher des Jahres stammen, wie kann es anders sein, von Daniel Jung und Andreas Eisenhauer, die in den Grotten zwei herbe Routen klettern konnten und dabei ist Daniel mit seiner Old Shatterhand in den 11ten Grad vorgestoßen, ein Markstein, der über die Jahre Bestand haben wird.
Ein anderer Markstein und zwar in Sachen free solo glückte Urs Schmincke, der Ende Oktober Schmalzkönigs Albtraum ohne Seil durchstieg, ein reichlich kühner stunt im oberen VIIIten Grad, der wahrscheinlich nicht viele Nachahmer finden wird.
Das war also die kurze Routenrevue für 2009 und auch für 2010 ist noch genügend Neuland da, insbesondere wenn ich mir die Anzahl der Projekte anschaue, die bereits auf ihren Durchstieg warten, ganze 95 Stück sind es, darunter Altlasten, die bis ins Jahr 2003 datieren, darunter großartige Linie, da hoffen wir mal, dass sich die Projektierer ihren Hinterlassenschaften endlich einmal annehmen. Ich jedenfalls bin gespannt und freue mich auf die neuen Wege im nächsten Jahr.
Auch neu in diesem Jahr sind die Sperrungen von Mordor und Lonnenloch auf Grund eines Uhupärchens, das sich vermutlich im nächsten Jahr in einer der beiden Gruben zur Brut niederlassen wird. Besonders erfreulich ist, dass diese Sperrungen auf einem Konsens zwischen Behörden, Gemeinden, EGE, DAV Sektion Koblenz und der lokalen Kletterer gründen, dass die Sperrungen von allen mitgetragen und beachtet werden und dass auch in Zukunft eine enge Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Kletterern gewährleistet ist, bei der die Belange beider Seiten ausdrücklich respektiert und toleriert werden.
Weniger erfreulich, und damit komm ich langsam zum Abschluss meiner recht subjektiven Runde durch das Klettergebiet, sind zwei schwere Unfälle, die glücklicherweise glimpflich ausgegangen sind uns aber dazu anmahnen selbst Sachen, die wir 1000 Mal richtig gemacht haben nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern möglichst alles, und wenn es sich auch noch so nebensächlich anhört, zu doppelt zu checken, wann immer wir die Möglichkeit dazu haben und dass nicht nur bei sich selbst, sondern auch beim Kletterpartner oder wildfremden Kletterern, die sich gerade anschicken irgendeinen kapitalen Bockmist zu verzapfen. Passt also bitte auf Euch auf im nächsten Jahr, egal ob am 2 Meter Boulder, der Sportkletterroute, der Mehrseillängentour, dem big wall, alpin oder hochalpin ? egal wann, egal wo, play it safe and go for it.
Abschließend möchte ich noch Thomas Schulte gedenken, der in diesem Sommer allzu früh gestorben ist, der oft und gerne im Basalt unterwegs war und der an der Schäferwand mit Schafsinn eine tolle knifflige Route erstbegangen hat, die immer an ihn erinnern wird.
Ich wünsche Euch Allen einen guten Rutsch ins neue Jahr, für 2010 Glück, Gesundheit und Gelassenheit für alles was das neue Jahr so bringt, auch wenn es Dinge sind, die sich auf den ersten Blick nicht als Lachnummer entpuppen und kommt von Euren Kletterreisen heil zurück, damit Ihr in schillernden Farben davon berichten könnt.