Jahresrandnotizen

Der letzte gute Klettertag des Jahres war der 1. Dezember, danach kamen Schnee sowie Kälte gefolgt von Tauwetter, das die Felsen dann endgültig eingeseift hat. Ergo, keine Neutouren zu beschreiben, aber an diesem letzten schönen Klettertag mit Spätherbstambiente glückte Urs, als ob er wusste, dass dies für lange Zeit die letzte Chance wäre, der Durchstieg der Hydra completement durch den Riss klemmend. Dafür benötigte er nur fünf Vorstiegsversuche verteilt auf zwei Tage, wie ich meine ein respektabler Jahresabschluss eines an Kletterhighlights angefüllten Jahres für ihn, denn der Kreis der Kletterer, die die Hydra so geklettert haben ist überschaubar und versammelt das who is who des Basalts.

Ein paar Stunden später hatte ich dann noch ein glückliches Händchen, oder eher Fingerchen, und ich konnte meine never ending story der Agenda 2010 ein happy end verpassen – dabei waren die Versuche über die letzten Jahre verteilt, immer dann, wenn die Temperaturen ordentlich im Keller waren damit die mageren Leisten in der reichlich knackigen Boulderpassage wenigstens ein klein wenig Halt bieten. Nun hat es endlich mit der, ich glaube nach Daniel und Marc insgesamt dritten Begehung, der Agenda geklappt, schwer hab ich mich getan damit, gefreut hat es mich trotzdem.

Das Jahr 2012 hat den Gruben wieder ordentlich Zuwachs an neuen Wegen gebracht – 109 an der Zahl. Die richtige Brummerlinie fehlt jedoch, kennzeichnend für das Jahr ist vielmehr die riesige Arbeit, die in die Erschließung und Tieferlegung einiger Wandbereiche gesteckt wurde, um auch noch das letzte aus dem Fels heraus zu holen. So z.B. durch Daniel, Verena und Nathanael in der Arena (mit insgesamt 25 Neutouren) oder von Armin im Kühlschrank. Die besten Routen gehen aber auf das Konto von Hendrik, der in der Schäferlay im Kraftklub und im linken Teil der Schäferwand wunderschöne Routen erschlossen hat, die zu den Besten gehören, die in diesem Jahr gemacht wurden. Auch im neuen Sektor Krypta, der vorwiegend durch Robert und Swen erschlossen wurde, sind einige tolle Neutouren entstanden, die man immer wieder gerne klettert. Besonders Swens Magnetar sticht hier hervor, zwar kurz und knackig, aber mit für den Basalt ganz eigenwilligen Zügen und Bewegungsaufgaben ausgestattet. Auch das Andreas endlich sein Kantenprojekt and der Höllentorwand geknackt hat gehört für mich zu den highlights in diesem Jahr, schon lange war es eingebohrt und es bietet im unteren Teil und insbesondere im oberen Teil fette Kantenkletterei bei ansprechender Länge gewürzt mit Schlotterkniepotential in der Crux and der oberen Kante, definitiv die Knallertour des Jahres – dicht gefolgt von der Bugabooed, die ebenfalls auf Andis Konto geht und der Chickamauga an der Kranwand.

Weiterhin sehr erfreulich war, dass die temporäre Sperrung des Lonnenlochs von Erfolg gekrönt war und unser Uhu erfolgreich gebrütet hat, sich alle ohne Ausnahme an die Sperrung gehalten haben und damit jeder seinen Beitrag zum Bruterfolg geleistet hat.

Und last but not least freut mich am allermeisten, dass alle die, die sich in diesem Jahr in den Gruben durch Stürze verletzt haben, wieder voll im Schuh stehen und auf eine schöne Klettersaison 2013 blicken können.

Und die wünsche ich Euch allen von ganzem Herzen, grandiose Klettertrips, egal ob Nah oder Fern und vor allen Dingen – play it safe!!

Aber was tun, wenn es 2013 wieder einmal mit den großen Zielen nicht hinhaut, die ganzen Traumschlösser an großen Taten, die Ihr Euch zum Jahreswechsel vornehmt genauso in sich zusammenbrechen wie in diesen Stunden die an Sylvester 2011 ausgemalten großen Ziele nun in Schutt und Asche da liegen, weil so gar nichts in diesem Jahr geklappt hat? Das darf nicht wieder vorkommen und mit ein paar Hausmitteln, die über Jahrzehnte ihre Wirkung bewiesen haben, wird das auch nicht mehr vorkommen. Die konsequente Umsetzung der folgenden Punkte wird unweigerlich dafür sorgen, dass Ihr 2013 einen großen Erfolg nach dem anderen einfahren könnt – das auch noch ohne schweißtreibende Trainingseinheiten, Abmagerungskuren, den Partner durch andauernde Abwesenheit zu verärgern, aufgeplatzten Fingerkuppen von der einen Crux, die nie klappen will usw. und so fort.

Ja!! Ich versichere Euch, ganz ohne Anstrengung – das läuft so locker wie all die Diäten, die in bestimmten Gazetten feilgeboten werden, bei denen ihr alles essen dürft was Ihr wollt und die Pfunde trotzdem purzeln wie die Börsennotierung von facebook. Wie hört sich das an? Verlockend? Dann nehmt sie euch zu Herzen, die Punkte die nun folgen werden und befolgt sie Wort für Wort – es funktioniert!!

1. Macht etwas Einzigartiges aus der Begehung einer Route

Selbst wenn bereits 11.376 Leute den Genuss-8er, den Ihr schon seit Jahren bis zum Erbrechen projektiert, ganz locker im onsight geklettert haben, müsst Ihr, sobald es endlich mit dem Durchstieg geklappt hat, nur erwähnen, dass Ihr z.B. als einziges Mitglied der Freikletter-Looser-ohne-Plan das Teil klettern konntet. Erzählt jedem, dass Ihr der/die allererste F.L.O.P. seid, der die Route abhaken konnte. Dass Ihr der/die Erste gewesen seid, der/die die Route, sagen wir mal, am 15.5.2013 um 14h32min28sec geklettert hat und dass niemand vor oder nach Euch fähig sein wird diese Glanzleistung zu wiederholen. Dies ist verdammt nah dran, als ob Ihr als erste Deutsche auf dem Mt. Everest gewesen seid, was genau so gut als Erstersteigung des höchsten Berges der Welt ohne Sauerstoff gewertet werden kann.

2. Weniger Präzision bringt mehr

Es ist noch lange keine Lüge wenn Ihr z. B. behauptet „ Am El Cap bin ich in der Nose bis zum 10. Grad geklettert“, denn nur Ihr wisst, dass Ihr bis zur ersten Seillänge im 10.Grad, wenn auch nur kurze Passagen, wirklich frei geklettert seid und den Rest schamlos geaided habt. Aber Eure etwas schwammige Aussage lässt die Leute im Glauben, dass Ihr das gesamte Teil frei geklettert seid – und das bringt uns direkt zum nächsten Punkt.

3. Nur keine falsche Bescheidenheit

Eine Nummer größer tut es auch. Schwierigkeitsgrade in XXL, Routen in XXL – einfach ALLES in XXL. Unter „Ich war in einer 11er Linie in den Grotten“ läuft gar nichts. Wenn Ihr einen Schwierigkeitsgrad ab 10+ in den Mund nehmt, dann noch ganz nebenbei z.B. die Grotten erwähnt, dann sind alle Zuhörer von diesem irren Schwierigkeitsgrad und der location, wo nur die Besten abhängen, dermaßen beeindruckt, dass sie gar nicht mitbekommen haben, dass Ihr nur erwähnt habt „in der Route gewesen zu sein“.

Das bringt uns wieder direkt zurück zum Punkt 2 – so wenig Präzision wie möglich – da „ich war in….“ alles mögliche bedeuten kann – topropen, hochschlossern, abseilen, selbst wenn Ihr den Fels in der Route kaum berührt habt. All das kann mit „ich war in….“ wahrheitsgemäss umschrieben werden und das immerhin in einer 11er Route in den Grotten, die Ihr so in den Augen Eurer gebannten Zuhörer ganz locker geklettert habt.

4. Verwendet Fachtermini

Von entscheidender Bedeutung sind Fachtermini, die Ihr verwendet, um von Eurer Großtat zu berichten. Habt Ihr Euch z.B. vorgenommen irgendeine knallharte Route an einem Tag zu klettern, was vor Euch noch keiner gebracht hat – egal ob es eine schwere Sportkletterroute im 6. Grad (hier wäre dann noch Punkt 7 anzuwenden) ist oder eine hufschwere MSL-Route in den Bergen – und Ihr habt wie gewöhnlich die ganze Nummer vergeigt, inklusive erzwungenem Biwak und durchfrorener Nacht auf einem Band knapp oberhalb des Einstieges, dann lasst Ihr nur durchblicken, dass Ihr die Route in einem Zug geklettert habt. Gleiches gilt für alle Sportkletterrouten, die Ihr für den RP-Durchstieg bereits bis ins Detail ausgecheckt habt, hier muss es dann heißen „Ich habe nur mal ganz kurz rein geschaut, um ein Gefühl für die Wand zu bekommen“ – das Glas ist immer halb vol!!

5. Always in the danger zone

Lasst alle wissen wie gefährlich Ihr unterwegs seid. Ihr seid gerade knapp 3 Meter über dem Boden und im toprope über einen Stand mit 4 bolts gesichert am klettern? Für mich sieht das so aus, als ob Ihr in der Todeszone an absolut fragwürdigem Material unterwegs seid. Zehntausende sterben täglich weltweit bei Stürzen von einen Meter hohen Haushaltsleitern, Seile und Bohrhaken haben eine gute 1:1.000.000.000 Chance unter Belastung zu reißen oder zu brechen. Seht Ihr die große Gefahr, in die Ihr Euch regelmäßig kletternd begebt? Das muss jeder Eurer Zuhörer zu spüren bekommen!

6. Alles im Superlativ

Steigert alle Adjektive ins Superlativ – und darüber hinaus. Benutzt Vorsilben wie mega, super, hyper, bombasto und wenn Ihr sie schon ins Spiel bringt, dann steigert diese ebenfalls ins Superlativ. Grammatikalisch werden Euch keine Grenzen gesetzt, die Schulzeit liegt in der fernen Vergangenheit, keiner wird Euch mit Zensuren behelligen, wenn Ihr die Möglichkeiten der Grammatik ein klein wenig überdehnt. Hier geht es schließlich um etwas, es zählen Wirkungstreffer bei denen, die an Euren Lippen hängen. Der Weg ist das Ziel. Damit kann jeder popliger 3er zum super-mega-run-outesten Supermegahardcoreklassiker gemacht werden und nur ihr habt ihn gebracht.

7. Schwierigkeitsgrade sind rein subjektiv

Mit der konsequenten Anwendung dieser Regel könnt Ihr richtige Punktsiege erzielen. Bei Immobilien ist der entscheidende Faktor die Lage, und nur die Lage, einzig die Lage – bei Schwierigkeitsgraden ist es das Aufwerten, und nur das Aufwerten, ohne Aufwertung werdet Ihr keinen Blumentopf gewinnen können. Eine softe 8+, die ist nicht weit von 9- entfernt, was auf das Gleiche wie 9 herausläuft und damit nicht sehr weit vom unteren 10. Grad entfernt ist. Und BADABOOM!! 10-!! Das ist gut fürs Ego und lässt alle maulaffenfeilhaltend vor Euch stehen. Ein großer Erfolg! Und genauso funktioniert es mit der Gefährlichkeit Eurer Route (s. Punkt 5). Erwähne ein R, besser ein R/X, oder gleich ein X. Keiner wird Eure Bohrhakenleiter versuchen wollen und wenn es doch einer macht – kein Problem, der wird den Mitnahmeeffekt für sein Ego nicht pulverisieren indem er abwertet, im Gegenteil, er wird Punkt 7 zur Anwendung bringen, die Tour wird noch schwieriger, noch gefährlicher werden – Wetten? Es bleibt einfach dabei – des einen crashpad ist des anderen knochenbrechende Blockhalde.

8. Hängt es an die große Glocke

Unglaublich, aber wahr – jeder will von eurer Großtat hören. Ich auch. Ganz bestimmt. Aber nicht direkt von Euch, dafür müsst Ihr zunächst eine Euch treue Gefolgschaft von Groupies auf die Beine stellen, die Eure Taten verbreiten und das muss so aussehen, als ob Ihr mit der Verbreitung Eurer Heldentaten gar nichts zu tun habt. Sich selbst zu feiern ist nicht zielführend, aber durch Nachunternehmer auf den Podest gehoben zu werden ist perfekt. Und das hat einen weiteren unschlagbaren Vorteil – da Spiel „Stille Post“ kennt Ihr bestimmt noch von Euren Kindergeburtstagen – und jetzt könnt Ihr es zur Egoinflation voll ausnutzen. Massenweise Information bleibt auf der Strecke, je mehr Leute Ihr dazu bringt über Euch zu reden, die Details Eurer Heldentaten verblassen immer mehr, sodass der 138. Durchstiegsversuch am Tag des Gelingens zum onsight der über Jahre einstudierten 7er Route wird, die gemäß Punkt 7 eine glatte 9+ ist. BINGO! Eure treue Gefolgschaft wird das genau so unter das wissbegierige Volk bringen.

So klappt es 2013. Ich wünsche euch große Erfolge – bis bald im Basalt, kommt gut ins neue Jahr, bleibt gesund und glücklich.

Euer

alex

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