Mit etwas Verspätung kommt sie nun, die news für den vergangenen Mai. Trotz des recht durchwachsenen Wetters, oder war es doch eher besch…?, sind einige Neutouren zusammengekommen, die noch alle ihren Weg in die 2. Auflage des Kletterführers finden konnten, da ich mich nach meiner Rückkehr aus Utah nicht geschont habe, um den jetlag aus zu kurieren, sondern gleich in die Gruben gestolpert bin, um eine Bestandsaufnahme zu machen. Und diese fiel wie folgt aus:
Ganz hoch eingestiegen ist Tim Trögeler mit seiner ersten Neutour im Gebiet. Ihm gelang die erste Begehung der Nemesis im Kessel (Greenhorn), die, wenn ich mich nicht irre, 2006 von Gereon eingerichtet wurde und seitdem auf ihren Durchstieg wartete. Als 7a-Boulder bis ins große Loch über dem ersten Haken hatte die Route schon Bestand, aber Tim hängte nun den Rest dran, eine Abfolge von herben Wandpassagen an kleinen und scharfen Leisten gewürzt mit nicht minder dürftigen Trittmöglichkeiten. Sein BV liegt bei IX+/X- und wenn man bedenkt, dass Reichweite in dieser Linie durchaus von Vorteil ist, dann hat er mit dieser Bewertung bestimmt nicht zu tief gestapelt. Ein tolles Brett und damit die schwierigste Linie im Kottenheimer Forst.
Ganz in der Nähe haben Geron und Oliver Frohnhoff für Nachschub an moderaten Linien gesorgt. Am Hailyturm bietet die ?…VI- rechts der Catweazel schöne Kletterei im guten Fels bei bester Absicherung. Wer es bis zum zweiten Haken geschafft hat, der darf in der Verschneidung und der folgenden Wandstelle bis zum Umlenker den Genussmodus einschalten. Direkt rechts davon, an der Flotte Dreier Wand, haben die beiden zwei kurze Risslinien erschlossen, die beide an einem gemeinsamen Umlenker auf dem großen Band im linken Teil der Wand enden. Heißer Fünfer V+ und Scharfer Sechser VI- bieten interessante und unterhaltsame cleane Risskletterei, die noch etwas sauber geklettert werden darf.
In Ettringen hat sich auch etwas getan. Links von Tod im Kühlschrank waren Paddy und Philipp Nachtsheim aktiv. Auf Philipps Konto geht Inglorius Spasties VII+, die mit einer recht heiklen und kniffligen Einstiegspassage zum ersten Haken aufwartet, ein Abgang hier sollte unbedingt vermieden werden, da die Landepiste unter aller Sau ist. Zum Abschluss muss dann noch mal eine knackige Wandstelle gemeistert werden. Phillip war über seine erste Neutour im Gebiet wohl sehr happy, anders kann ich mir die überschwänglich ausgefallenen Routennamen am Einstieg nicht erklären.
Rechts davon führt Paddys Hühnerleiter VII zum gleichen Umlenker, hier muss knapp über dem Einstieg eine batzige abdrängende Risspassage gemeistert werden und auch der Umgang mit mobilen Klemmgeräten sollte gut beherrscht werden. Erst weiter oben kann (aber muss nicht) ein Haken der P4 mit geklinkt werden.
Swens neue Kantenroute links von Taumel der Triebe hat bereits für große Presse gesorgt. In seiner Belfast Child VIII geht es bis zum zweiten Haken ordentlich zur Sache, dann folgt weiterhin anspruchsvolle Kantenkletterei bis zum vierten Haken. Swen hat hier die Tour beendet, sie kann auch weiter über die Tickle in my Hart oder Taumel der Triebe ausgestiegen werden. Stein des Anstosses war aber die Tatsache, dass die Linie zwischen Taumel der Triebe und Spektakulum hineingequetscht ist. Dem ist auch so, da gibt es kein Vertun und einigen stellt sich die Frage ob der Swen die Tour hätte überhaupt einbohren sollen. Fakt ist, dass Swen die Entscheidung getroffen dies zu tun und das haben wir einfach zu akzeptieren. Laut über ein „Neutourenverbot“ an der Gr. Wand oder anderen offensichtlich (über)erschlossenen Sektoren nachzudenken ist nachvollziehbar, ist aber, so meine ich, genauso daneben, wie unnötig rein gequetschte Routen. Fakt ist, dass das Neutourenpotential in den Gruben inzwischen sehr dünn gesät ist und dass den Haupterschließern im Gebiet, und dazu zählt nicht nur Swen, sondern auch Andreas und ich müssen uns hier an die eigene Nase fassen, im Überschwang, der ein oder andere Weg recht nah an bestehende Linien gerückt ist. In diesem Falle hilft nur Eines, was exemplarisch in Andis neuem Weg im Kühlschrank vorgeführt wird. Seine English for runaways VII+ nutz eine freie Wandfläche zwischen Dornröschen und dem Projekt Prinz, er hätte hier durchaus Haken setzen können, hat er aber nicht und dafür eine heikle Route kreiert, die nicht besonders abgesichert werden kann und bis aufs Band spannende Kletterei bietet, bei der man, so man es absicherungstechnisch vergeigt, unsanft auf dem Boden dröhnen kann. Ich denke anstatt einem „Neutourenverbot“ ist das der nachhaltigere Weg, um eine Linie zu klettern, die einem ins Auge sticht, die aber eng von bestehenden Linien umgeben ist. Und wenn es gar zu heikel ist, dann ergötzt man sich eben im toprope an Ihr, irgendwann wird ein Nervenmonster vorbei kommen, dass das Teil auch ordentlich vorsteigen kann.